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Maximilian <br> Kruse

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Wie sollte man auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung reagieren und kann man einer Vertragsstrafen­verpflichtung gegenüber dem Abmahner entgehen?

1. Berechtigte oder unberechtigte Abmahnung


Die Abmahnung ist ein Mittel zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Wenn Sie eine Abmahnung erhalten, bedeutet dies für Sie als erstes eines: Ärger. Das Abmahnschreiben fordert Sie dazu auf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen (z.B. in bestimmter Weise für Ihr Produkt zu werben). Meist sollen Sie dann noch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung innerhalb kurzer Zeit abgeben und Rechtsverfolgungskosten zahlen.

Wie Sie als Abgemahnter reagieren sollten, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt immer vom Einzelfall ab.

Als erstes muss geprüft werden, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt ist. Sollten etwa die Vorwürfe gänzlich unzutreffend sein, müssen Sie weder die Rechtsverfolgungskosten der Gegenseite tragen noch eine Unterlassungserklärung abgeben.

Das Abmahnschreiben kann inhaltlichen Anforderungen nicht genügen. Das vorgeworfene Verhalten und seine angebliche Gesetzeswidrigkeit müssen hinreichend genau beschreiben sein. Wichtig ist es auch zu prüfen, ob Verjährung eingetreten ist. Anders als in anderen Rechtsbereichen gilt speziell im Wettbewerbsrecht unter den Voraussetzungen des § 11 UWG grundsätzlich eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten. Sollte das abgemahnte Verhalten aber noch andauern (Dauerzuwiderhandlung), greift die Einrede der Verjährung regelmäßig nicht.

Selbst wenn die Abmahnung berechtigt ist, sollten Sie keine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung „blind“ unterzeichnen. Nicht selten ist die vorgegebene Formulierung zu weit gefasst. Grundsätzlich können Sie für die Unterlassungserklärung eine eigene Formulierung wählen und diese auf die zuvor konkret begangene Rechtsverletzung begrenzen.

In Streit stehen häufig die von dem Abmahner geltend gemachten Rechtsanwaltskosten, die sich nach dem Gegenstandswert zu richten haben. Bei Wettbewerbssachen wird selten ein Gegenstandswert unter € 10.000 angesetzt. Im Markenrecht dürften € 50.000 eine untere Grenze bilden. Für die Bestimmung der Höhe kommt es auch hier auf den Einzelfall an. Es kann sich dabei lohnen mit der Gegenseite über die Kosten in Verhandlungen zu treten.

2. Vertragsstrafe


Die strafbewehrte Unterlassungserklärung bezweckt, dass der Abgemahnte die Rechtsverletzung nicht wiederholt.

Zur Höhe der Vertragsstrafe: Zunächst wird eine Vertragsstrafe von der Rechtsprechung als erforderlich gesehen, weil hiermit eine Wiederholungsgefahr der Rechtsverletzung ausgeräumt werden soll. Von erneuten Verstößen wird nur derjenige abgeschreckt, dem eine Strafe droht. Eine Vertragsstrafe soll damit die Ernsthaftigkeit der Unterlassungsverpflichtung unterstreichen. Die Höhe richtet sich insbesondere nach Art, Ausmaß und Schwere des zu unterlassenen Verstoßes. Wegen ihrer Abschreckungsfunktion darf sie nicht zu niedrig angesetzt werden, so dass sie in der Regel mehrere tausend Euro beträgt. Je nach Sachverhalt können sie pro Verstoß weit über € 5.000 hinausgehen.

Als Abgemahnter sind Sie nicht verpflichtet, einen vom Abmahner festgelegten Betrag zu akzeptieren. Mit einer Vertragsstrafe nach dem sog. neuen Hamburger Brauch kann, anstatt eines festen Betrags, eine flexible Strafe vereinbart werden, d.h. je nach Art und Schwere des Verstoßes ist eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen. Kommt es später zu einem Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung, bestimmt der Unterlassungsgläubiger die Höhe der Vertragsstrafe, die im Streitfall hinsichtlich Angemessenheit und Billigkeit durch ein Gericht überprüft werden kann.

 

3. Gibt es Alternativen zur Vertragsstrafenzahlung an den Abmahner?


In manchen Fällen bietet es sich an, keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung gegenüber dem Abmahner zu erklären, selbst wenn die vorgeworfene Rechtsverletzung tatsächlich zutrifft.

Insbesondere wenn Sie von Ihrem Mitbewerber eine berechtigte Abmahnung erhalten und sich ihm gegenüber zur strafbewehrten Unterlassung verpflichten, sollten Sie bedenken, dass Sie zukünftig eine mögliche Vertragsstrafe an ihn zahlen müssen. Ihr Mitbewerber hätte also als Gläubiger des Unterlassungsvertrags ein (wirtschaftliches) Interesse daran, Sie regelmäßig dahingehend zu kontrollieren, ob Sie die Unterlassungsverpflichtung einhalten – und dies auch noch Jahre nachdem die Unterlassungsverpflichtung abgeschlossen wurde. Sollte er einen Verstoß feststellen, ist die Zahlung an den Konkurrenten natürlich besonders schmerzlich.

Wenn Sie keinesfalls gegenüber Ihrem Mitbewerber ein Vertragsstrafeversprechen abgeben wollen, kommen Alternativen in Betracht: a.) Entweder Sie ignorieren die Abmahnung und lassen es auf ein Gerichtsverfahren ankommen oder b.) Sie unterwerfen sich zugunsten eines Dritten (der nicht Ihr Mitbewerber ist) einer Vertragsstrafe.

a.) Wenn Sie der Aufforderung der Gegenseite nicht nachkommen, laufen Sie Gefahr, im Zuge eines einstweiligen Verfügungsverfahren bzw. Klageverfahrens auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Soweit der gegnerische Unterlassungsanspruch begründet ist, werden Sie verurteilt, das unzulässige Verhalten zu unterlassen. Dabei wird zudem angeordnet, dass Sie bei weiteren Verstößen ein Ordnungsgeld zu zahlen haben.

Ist eine gerichtliche Entscheidung in der Welt (Unterlassungstitel) und wird sodann hiergegen verstoßen, erhält der Mitbewerber keine Vertragsstrafe. Stattdessen kann auf Antrag ein Ordnungsgeld durch das Gericht festgesetzt werden, welches durchaus niedriger als eine Vertragsstrafe ausfallen kann und dem Fiskus anheimfällt, nicht aber – und das ist entscheidend – dem Mitbewerber. Ein weiterer Vorteil dieser Variante liegt darin, dass von Erfüllungsgehilfen begangene Verstöße grundsätzlich nicht zugerechnet werden.

Selbstverständlich bedarf ein solches Vorgehen einer sehr genauen Prüfung und Kostenabwägung.

b.) Unter bestimmten Voraussetzungen kann es genügen, wenn Sie eine Unterlassungsverpflichtung nebst Vertragsstrafeversprechen nicht gegenüber dem Abmahner erklären, sondern gegenüber einem Dritten (z.B. einem Interessenverband), der zwar zur Abmahnung berechtigt gewesen wäre, aber tatsächlich die Abmahnung nicht ausgesprochen hat. Als Dritter kann hierzu nicht jeder beliebige Betrieb oder Verband gewählt werden, dem Sie womöglich noch nahestehen und der kein Interesse daran zeigt, einen Wettbewerbsverstoß zu verfolgen. Vielmehr muss die Unterwerfung gegenüber dem Dritten erkennbar ernst gemeint sein. Dies setzt voraus, dass der Dritte breit ist, Gläubiger der Unterlassungsverpflichtung zu sein und von ihm erwartet werden kann, dass er mögliche Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung verfolgt und mit Vertragsstrafen ahndet.

Wir beraten zu diesem komplexen Bereich bei Abmahnungen im Wettbewerbs-, Marken-, und Urheberrecht.

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