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EuGH urteilt: Bereitschaftszeiten können Arbeitszeit sein

Bereitschaftszeit, Bereitschaftsdienst, Rufdienst, Hintergrunddienst: In vielen Berufen mit Schichtdienstmodellen, insbesondere bei Polizei, Feuerwehren, im Katastrophenschutz und im ärztlichen und Pflegebereich, aber auch in der Justiz gibt es die Notwendigkeit, dass Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber für die Arbeit auf Abruf zur Verfügung stehen müssen. Dabei werden nicht alle Zeiten als Arbeitszeit gewertet, was sich auf die wöchentliche Arbeitszeit und die Vergütung auswirkt.

Im Gegensatz zur Rufbereitschaft, die als Ruhezeit gilt, muss der Arbeitnehmer im Rahmen des Bereitschaftsdienstes beispielsweise ständig binnen kurzer Zeit für betriebliche Zwecke zur Verfügung stehen. Wird verlangt, dass der Arbeitnehmer spätestens innerhalb von 15 bis 20 Minuten am Dienstort sein muss, handelt es sich – auch wenn dies fälschlicherweise als Rufbereitschaft bezeichnet werden sollte – sobald auch der Dienstort genau vorgegeben ist, um einen Bereitschaftsdienst, der als Arbeitszeit gilt.

Der EuGH hat nun erneut entschieden, dass Bereitschaftszeit Arbeitszeit sein kann, wenn der Dienst mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist (Rechtssache C-580/19). Es ging um Bereitschaftszeiten eines Feuerwehrmanns aus Offenbach, der seine Bereitschaft zwar außerhalb der Dienststelle verbringen darf, jedoch die Vorgabe hat, binnen 20 Minuten in Arbeitskleidung und mit dem Einsatzfahrzeug die Stadtgrenze zu erreichen. Hierzu muss er während der Bereitschaftszeit die Einsatzmontur tragen und sich darin auf Abruf bereithalten. Der Fall geht nun zurück an das Verwaltungsgericht Darmstadt, das prüfen muss, wann genau Arbeitszeit anzunehmen war und wann nicht. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, mit welcher durchschnittlichen Häufigkeit der Feuerwehrmann in der Vergangenheit Einsätze während seiner Bereitschaftszeiten leistete.

Bereits 2018 hatte der EuGH grundsätzlich entschieden, dass Bereitschaftsdienste, bei denen Arbeitnehmer innerhalb kurzer Zeit für einen Einsatz zur Verfügung stehen müssen, als Arbeitszeit zählen. Damals ging es um einen Fall aus Belgien, in dem der Feuerwehrmann in acht Minuten auf der Wache sein musste.

Das Urteil wird sich über den Bereich der derzeit 110 Berufsfeuerwehren hinaus auswirken. Es macht auch deutlich, dass je höher der Grad der Einflussnahme des Arbeitgebers auf die Ausgestaltung der Bereitschaftszeit ist (unter anderem in Bezug auf Arbeitskleidung), desto wahrscheinlicher ist auch die rechtliche Einordnung von Bereitschaftszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit.

Damit bestätigt und konkretisiert der EuGH die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das bereits im Jahr 2016 (Az.: 5 AZR 716/15) erkannte, dass zwischen regulärer Arbeitszeit und Bereitschaftszeiten hinsichtlich der Vergütung nicht zu unterscheiden ist, sondern diese – genau wie die reguläre Arbeitszeit – jedenfalls mit Mindestlohn zu vergüten sind.

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